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Der Mythos vom Tierversuch

Dr. Bernhard Rambeck

Weite Kreise unserer Gesellschaft gehen von der unabdingbaren Notwendigkeit des Tierversuchs aus. Aber die Notwendigkeit des Tierversuchs basiert auf Mythen, nicht auf Fakten. Die Mythen über den Tierversuch werden verbreitet, müssen verbreitet werden, weil sonst ein pseudowissenschaftliches System in sich zusammenstürzen würde. Weil ohne diese Mythen rasch klar würde, dass der Tierversuch der Menschheit nicht nur nicht hilft, sondern im Gegenteil ungeheuren Schaden für Mensch und Tier anrichtet.
      
Ein Mythos hat keinen Urheber, es gibt niemanden, der diese Mythen erstmals erzählt hat. Ein Mythos bildet sich, verdichtet sich und wird von allen geglaubt und weitergetragen. Auch von uns, bewusst oder unbewusst. Natürlich gibt es Kreise, die von diesen Mythen profitieren, die diese Mythologie zu untermauern suchen, die uns am Durchschauen dieser nebulösen Märchen hindern wollen. Aber niemand kann uns daran hindern, unseren Verstand zu gebrauchen und das tierexperimentelle System zu entlarven als das, was es ist: als brutalen Versuch, auf Kosten von empfindsamen Mit-Lebewesen Gesundheit zu produzieren und zu verkaufen - für gesellschaftliche Anerkennung und wirtschaftliche Vorteile. Der Mythos von der Notwendigkeit des Tierversuchs hat uns infiltriert wie eine Gehirnwäsche, es bedarf erheblicher persönlicher und gesellschaftlicher Anstrengungen, uns von diesem Mythos wieder freizumachen. Mythen lösen sich wieder auf, und zurück bleibt nur die Frage, wie es jemals möglich sein konnte, dass der Mythos geglaubt wurde. Der Mythos vom Tierversuch besteht aus einem ganzen Netz von Mythen, die wir im folgenden betrachten werden.


1. Mythos: Medizinisches Wissen basiert auf Tierversuchen

Wir müssen uns hier zwei Fragen stellen: Was ist das überhaupt, medizinisches Wissen, und was hat die Medizin eigentlich vor der Ära der exzessiven Tierversuchsforschung gemacht? Ich glaube, medizinisches Wissen zerfällt in zwei Bereiche: ganzheitliches Wissen und mechanistisch-materialistisches Wissen. Da ist einmal das Wissen um die Grundfragen und Probleme menschlicher Existenz, hier geht es um vorwiegend ganzheitliche Begriffe wie Gesundheit, Krankheit, Heilung, Leben, Tod, Spannungen zwischen Körper, Seele und Geist, Geburt, Reifungsprozesse, Altwerden, Krankfühlen, Selbstheilungskräfte usw. Von dieser Seite medizinischen Wissens weiß die moderne Medizin nur mehr sehr wenig, oft gar nichts mehr. Vom Begriff Heilen hat sie sich wie von einem irrationalen Verfahren verabschiedet und überlässt ihn auch im Sprachgebrauch den Heilpraktikern. Stattdessen baut die moderne Medizin auf Wissen, das einer naturwissenschaftlichen, genauer gesagt, materialistisch-mechanistischen Sicht entstammt.
      
Der Organismus wird im Sinne von Descartes als Räderwerk, Uhr oder biologische Maschine gesehen, dessen Einzelteile reibungslos funktionieren müssen, damit der Gesamtmechanismus nicht stehen bleibt. Defekte Teile oder Systeme werden repariert oder ausgetauscht, sprich: chirurgisch behandelt oder transplantiert. Spezialisten sind für die diversen Einzelbereiche zuständig. Die moderne biomedizinische Forschung produziert entsprechend eine ungeheure Zahl meist zusammenhangsloser Details in der Hoffnung, irgendwann werde sich schon ein Zusammenhang finden. Aber die Übersicht ist verlorengegangen, jeder stochert in seinem speziellen Fachbereich herum - ohne ganzheitliche Sicht. Verzweifelt wird nach Modellen für das Funktionieren oder Nichtmehrfunktionieren des menschlichen Körpers gesucht, vor allem, wenn es um psychische oder psychosomatische Probleme geht. Man experimentiert mit den verschiedensten Tierarten, man produziert Defekte, die ähnliche Symptome wie beim Menschen hervorrufen, aber der Kampf gegen die heutigen Krankheiten erscheint zunehmend aussichtslos.
      
Medizin ist glücklicherweise mehr als nur tierexperimentelle Medizin, und damit möchte ich auf die zweite Frage zurückkommen: Was hat die Medizin eigentlich vor der Tierversuchsära gemacht? Der Begründer der klassischen Medizin, Hippokrates, hat nie Tierversuche gemacht, und doch hob er die ärztliche Kunst auf eine auch für heutige Verhältnisse revolutionäre Basis. Uns wird immer wieder vorgegaukelt, die wahre medizinische Kunst hätte erst mit dem Beginn der Chemotherapie vor rund hundert Jahren begonnen, aber das ist falsch: Es gab zu allen Zeiten berühmte Akademien, auf denen die Heilkunst wirklich erfahren werden konnte. Natürlich gab es zu allen Zeiten auch unfähige Ärzte und Scharlatane, aber gibt es solche etwa heute nicht? Die Säulen des klassischen medizinischen Wissens waren nicht Tierversuche, obwohl es diese in geringem Umfang auch schon vor Jahrtausenden gab, sondern die Beobachtung von gesunden und kranken Menschen und Tieren. Auch die als sehr erfolgreich bekannte Erfahrungsheilkunde fremder Kulturen wie etwa der Chinesen oder der Indianer Nord- und Südamerikas kennt den Tierversuch nicht. Aber selbst unser neuzeitliches medizinisches Wissen beruht zu einem erheblichen Teil gar nicht auf Tierversuchen oder wurde erst nachträglich an Tieren bestätigt. Medikamente wie Acetylsalicylsäure gegen Fieber oder Phenobarbital als Schlafmittel bzw. Epilepsiemittel, die Entdeckung des Vitamin C gegen Scorbut wurden ohne Tierversuche entwickelt. Die meisten der heute üblichen Operationstechniken wurden nicht im Tierversuch entwickelt. Der Mythos vom Tierversuch als Basis für medizinisches Wissen löst sich bei genauerer Betrachtung in Luft auf.


2. Mythos: Erst Tierversuche haben die Bekämpfung von Krankheiten und damit die Erhöhung der Lebenserwartung ermöglicht.

Dieser Mythos gehört zum Standard-Repertoire der Tierversuchsbefürworter. Er ist aber falsch! Die Erhöhung der Lebenserwartung ist vor allem durch den Rückgang der Infektionskrankheiten bedingt. Der angesehene britische Sozialmediziner Prof. McKeown hat schon vor vielen Jahren durch umfangreiche Untersuchungen nachgewiesen, dass der Rückgang der Infektionskrankheiten und damit der Säuglings- und Kindersterblichkeit durch verbesserte sanitäre Einrichtungen und Hygiene sowie bessere Ernährung und die einsetzende Beschränkung der Geburtenzahl und nicht durch Medikamente und Impfungen bedingt ist. Entsprechend ist auch die sehr hohe Säuglings- und Kindersterblichkeit in der Dritten Welt durch soziale Probleme, Armut, Unterernährung etc. und nicht durch einen Mangel an Medikamenten oder fehlende Impfungen bedingt.
      
Wenn wir die heutigen Zivilisationskrankheiten betrachten - sie machen etwa 80% der Todesfälle aus -, so gewinnen wir den Eindruck, dass die moderne Medizin bei ihrer Bekämpfung recht machtlos ist: 50% der deutschen Bevölkerung sterben an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, 10% an Krebs; allein die Zahl der Hautkrebsfälle hat sich in 10 Jahren verdoppelt. Die moderne Chemotherapie hat diese Krankheiten kaum beeinflussen können. Jahrzehnte nach Einführung des ersten wirksamen Krebsmittels Cyclophosphamid sind nur wenige Prozent aller Krebsfälle einigermaßen heilbar, und dies auch nur mit enormen Nebenwirkungen und Schäden. Wenn in den USA die Zahl der Todesfälle durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen sinkt, so durch Beeinflussung der Rauchergewohnheiten, aber nicht durch die Einführung neuer Medikamente. Die Verhältnisse bei Zytostatika und anderen Krebsmitteln zeigen eine wichtige Tatsache: das Hochrechnen von medizinischen Anfangserfolgen der Vergangenheit in die Zukunft ist Unsinn; erst die Erforschung der wahren Ursachen unserer Massenkrankheiten kann diese beeinflussen. Auch der Mythos von der Erhöhung der Lebenserwartung durch Tierversuche ist unhaltbar.


3. Mythos: Medizinische Forschung ist ohne Tierversuche nicht möglich.

Vor einigen Jahrzehnten gab es den Begriff der Alternativmethoden noch überhaupt nicht, dachte noch niemand daran Tierversuche auch nur zu reduzieren, geschweige denn abzuschaffen. Die Wissenschaftler erklärten einstimmig, Tierversuche seien nun einmal nötig, weil nur das intakte Tier die Wirkungen von Medikamenten zeigen könne. Inzwischen ist man vorsichtiger geworden, die Industrie beeilt sich, pausenlos zu erklären, wie viele Tiere sie schon ersetzt habe, wie sehr der Verbrauch schon zurückgegangen sei. In vielen Bereichen wird mit Zellkulturen, Mikroorganismen etc., den so genannten In-vitro-Systemen, gearbeitet. Diese im Reagenzglas ablaufenden Verfahren übertreffen die Tierversuche in ihrer Aussagekraft bei weitem.
      
Diese Entwicklung zeigt, dass unter dem Druck der öffentlichen Meinung sehr wohl ein Verzicht auf Tierversuche zu erreichen ist und weiter, dass sehr vieles von dem, was kürzlich noch zum unverzichtbaren Bestandteil der modernen Medizin erklärt wurde, offensichtlich doch in wenigen Jahren ersetzt werden konnte. Eine Reihe von medizinischen Disziplinen arbeitet auch heute schon mit Erfolg ohne jeden Tierversuch: Arbeits-, Sozial-, Vorsorgemedizin, Epidemiologie, klinische Forschung, Psychotherapie, Rehabilitation und Naturheilkunde. ein typisches Beispiel, was moderne Forschung ohne Tierversuche leisten kann, ist die AIDS-Forschung (s.u.). Die wichtigsten Ergebnisse wurden ohne Tierversuche in vitro - also mit Zellkulturen von menschlichen Blutzellen gefunden.
      
Und außerdem, die Tatsache, dass bestimmte Forschungsarbeiten in der Vergangenheit an Tieren gemacht wurden, bedeutet nicht, dass man nicht auch ohne Tierversuche zu vergleichbaren Ergebnissen kommen kann.


4. Mythos: Tierversuche sind notwendig, weil die wichtigsten Krankheiten noch nicht heilbar sind.

Gerade die Tatsache, dass die wichtigsten Krankheiten trotz exzessiver tierexperimenteller Studien in den letzten Jahrzehnten effektiv nicht beeinflussbar, geschweige denn heilbar geworden sind, zeigt, wie wenig Tierversuche letztlich zur Beseitigung der menschlichen Krankheiten beitragen können. Die logische Konsequenz aus dem Faktum, dass die wichtigsten Krankheiten noch nicht heilbar sind, kann nicht ein weiterer Ausbau der tierexperimentellen Methodik sein, sondern erhebliche Anstrengungen in Richtung einer Verhinderung, Prophylaxe und Ursachenforschung unserer Krankheiten. Es ist eindeutig belegt, dass wir die meisten Krankheiten selbst verursachen durch falsche Ernährung, Suchtmittel, Stress etc. Umfangreiche Studien mit Vegetariern haben längst belegt, dass eine gesündere Ernährungsweise das Krebsrisiko reduziert, die Wahrscheinlichkeit von Herz-Kreislauf-Erkrankungen senkt und die Lebenserwartung generell anhebt.
      
Es ist eben eine grundlegend falsche Vorstellung, dass wir die Folgen unserer selbstmörderischen Lebensweise beim Tier als Krankheit reproduzieren könnten, um sie dann mit chemischen Mitteln wieder zu beseitigen. Mit Pharmaka können höchstens Symptome der menschlichen Krankheiten beeinflusst werden. Die Nicht-Heilbarkeit der wichtigsten Krankheiten spricht also keineswegs für Tierversuche.


5. Mythos: Tierversuche sind zur Abwendung von neuen bedrohlichen Krankheiten notwendig.

Dieser Mythos, der eigentlich nur nicht informierte Laien beeindrucken kann, lässt zwei prinzipielle Gesichtspunkte außer acht. Der Ursprung einer typischen neuen bedrohlichen Krankheit, nämlich AIDS, ist zwar immer noch nicht ganz geklärt, aber es erscheint durchaus plausibel, dass er überhaupt erst durch menschliches Experimentieren in Form von Gentechnologie, Biotechnologie, Molekularbiologie oder tierexperimentelle Techniken entstanden ist. Jedenfalls kann bislang kein Mensch den »Zufall« erklären, dass eine neue Krankheit aus dem Nichts parallel mit der Entstehung der oben zitierten Techniken entstanden ist.
      
Aber ein anderer Gesichtspunkt ist vielleicht noch bedeutsamer: Gerade die AIDS-Forschung ist ein Musterbeispiel moderner Forschung, zu der Tierversuche nichts beigetragen haben, wo man ohne Tierversuche in kurzer Zeit enorm weit gekommen ist, zu Ergebnissen und Erkenntnissen, welche im Tierversuch absolut nicht zu erhalten wären. Die bisherigen Fortschritte in der AIDS-Forschung beruhen eben nicht auf Tierversuchen, sondern auf Seuchenlehre, klinischer Beobachtung von Patienten und In-vitro-Studien mit Zellkulturen.


6. Mythos: Erst durch Tierversuche lassen sich die Risiken von neuen Medikamenten, Impfstoffen, Chemikalien abschätzen.

Dieser Mythos gehört zu den Kern-Mythen der Tierversuchsideologie. Aber er ist falsch. Auch vor der Ära der exzessiven Tierversuche wurden wichtige Medikamente gefunden. Warum hat es eigentlich damals nie eine Katastrophe à la Thalidomid/Contergan gegeben? Hat man einfach Glück gehabt? Ich glaube, hier spielen andere Faktoren eine wichtige Rolle. Neue Substanzen wurden sehr vorsichtig von einzelnen Ärzten bei wenigen Patienten angewandt. Man hatte eben genügend Zeit, da es keinen wirtschaftlichen Druck gab, Forschungsinvestitionen in Milliardenhöhe vor Ablauf einer Patentfrist wieder hereinzuholen. Nur der wirtschaftliche Druck, eine neue Substanz so rasch wie möglich in eine Goldgrube zu verwandeln, war die Ursache der Thalidomid-Tragödie und nicht fehlende, falsche oder zu wenige Tierversuche, wie heute behauptet wird. Und hier beisst sich die Katze in den Schwanz: Da die Neuentwicklung von Medikamenten unter anderem aufgrund exzessiver Tierversuche so enorm teuer geworden ist, müssen die Investitionen in kurzer Zeit wieder hereingeholt werden, dass heißt, ein Medikament muss in kürzester Zeit von möglichst vielen Patienten verwendet werden. Und damit steigt das Risiko, damit steigt die Wahrscheinlichkeit von Pannen, und deshalb müssen noch mehr Tierversuche gemacht werden. Nein, Tierversuche führen aus dieser Sackgasse nicht heraus.
      
Die Toxikologie, also die Giftigkeitslehre, ist der Bereich, in dem sich Tierversuche auch nach offizieller wissenschaftlicher Meinung wohl am ehesten ersetzen lassen. Im Bereich der akuten Giftigkeit gibt es zunehmend aussagekräftige tierversuchsfreie Methoden. Der LD-50-Test, bei dem die Dosis einer Substanz ermittelt wird, bei der die Hälfte der Tiere stirbt, ist auch nach wissenschaftlicher Meinung ein grausames Ritual, ein Fossil, das mit Wissenschaft nichts zu tun hat. Toxikologische Akut-Studien mit Tieren sind sinnlose Ansätze, die nur globale Aussagen machen können, nämlich ob das jeweilige Tier an der verabreichten Substanz bzw. Substanzmenge stirbt oder nicht. Viel sinnvoller ist es - und das wird zunehmend auch gemacht, die Beeinflussung von physiologischen Einzelschritten zu untersuchen. Und diese Untersuchungen sind mit Mikroorganismen, Zell- oder Gewebekulturen möglich.
      
Die chronische Toxikologie, bei der verschiedenen Tieren größere Mengen der Testsubstanz über einen längeren Zeitraum eingeflößt oder injiziert werden, ist noch schwieriger auf den Menschen übertragbar als die akute Giftigkeitsprüfung. Wir dürfen nicht vergessen: das letzte Risiko trägt immer der Mensch. Aber in dem Maße, wie Tierversuche Sicherheit vorgaukeln, wird der Mensch zu einem unvorsichtigen Umgang mit neuen Substanzen geradezu herausgefordert, und dadurch steigt das Risiko.


7. Mythos: Tierversuche schaden der Menschheit nicht.

Dieser Mythos gehört zu den gefährlichsten Irrtümern unserer Zeit, denn Tierversuche schaden dem einzelnen Menschen genauso wie der ganzen Menschheit. Tierversuche lassen Medikamente und neue Substanzen sicher erscheinen, obwohl deren Sicherheit absolut nicht abschätzbar ist. Das bereits erwähnte Contergan war nicht das erste und auch nicht das letzte Arzneimittel, das wegen schwerster Nebenwirkungen wieder vom Markt genommen werden musste. Viele Nierenkranke, welche dialysiert werden müssen bzw. auf eine Spender-Niere warten, haben sich mit Medikamenten ihre Nierenfunktion zerstört, mit Medikamenten, welche aufgrund von Tierversuchen als sicher galten. Alle Arzneimittel, welche auf Druck der Behörden von der Pharmaindustrie wieder vom Markt genommen werden mussten, waren tierexperimentell geprüft.
      
Ein weiteres Beispiel: Das gefährliche Ozonloch über der Antarktis hat als Ursache Fluorchlorkohlenwasserstoffe, die aufgrund von chemischen, aber auch tierexperimentellen Studien für sicher gehalten wurden. Die irrige Vorstellung von der Machbarkeit der Sicherheit hat zu einer hemmungslosen Produktion und Verbreitung dieser Substanzen geführt, die jetzt die Existenz der Biosphäre unserer Erde gefährden.
      
Tierversuche stabilisieren die heutigen Zivilisationskrankheiten, weil uns die Hoffnung auf tierexperimentell zu findende Medikamente die Motivation zur Eigeninitiative und zu prinzipiellen Änderungen unserer Lebensweise verdirbt. Solange wir uns an die Hoffnung auf neue Medikamente gegen Krebs, Herz-Kreislauferkrankungen etc. klammern, sind wir selbst, aber auch unser ganzes Gesundheitssystem nicht ausreichend motiviert, die Ursachen dieser Erkrankungen, nämlich Rauchen, Alkohol, falsche Ernährung, Stress usw. zu beseitigen.
      
Tierversuche zerstören das Bewusstsein für Ordnungen, Zusammenhänge und Kreisläufe in der Natur. Wer kann wirklich abschätzen, welche Auswirkungen gentechnologisch manipulierte Tiere für die Natur haben, wer kann beurteilen, welche Folgen sich aus einer möglichen Freisetzung von patentierten Krebsmäusen usw. ergeben? Die Natur hat im Laufe der Evolution in Millionen von Jahren offensichtlich die Gesundheit und Anpassungsfähigkeit der Tiere bevorzugt; wir produzieren erblich kranke Tiere, die für wissenschaftliche und wirtschaftliche Zwecke optimiert sind.
      
Einer der schlimmsten Schäden, den Tierversuche anrichten, besteht in der Verrohung der medizinischen Kultur. Abgesehen davon, dass der Tierversuch immer mit Menschenversuchen in Verbindung stand und steht, drängt der tierexperimentelle Ansatz die Medizin immer mehr vom ursprünglichen Heilwissen zur Luxus-Ersatzteil-Medizin. Ich bin weit davon entfernt, Krankheiten positiv darstellen zu wollen, aber solange wir die Krankheit nur mehr als technisch behebbaren Defekt sehen, verlieren wir jede Möglichkeit, zu einem menschlichen Ansatz der Leidensfrage, jede Möglichkeit, Krankheit als etwas Sinnhaftes akzeptieren zu können, das durchlitten oder durchlebt werden muss. Wer den Mythos von der Unschädlichkeit der Tierversuche weiterverbreitet, hat entweder keine Ahnung von dem, was er sagt, oder er sagt die Unwahrheit.


8. Mythos: Das Tier leidet nicht im Experiment.

Zu den bösartigsten Behauptungen im Zusammenhang mit Tierversuchen gehören die Verharmlosungen, dass das Tier gar nicht leiden würde oder dass die meisten Tierversuche für das Tier nicht schmerzhafter als eine Injektion beim Menschen seien. Das Leiden der Versuchstiere hat bereits lange vor dem Versuch begonnen, wenn die Tiere unter völlig artfremden Bedingungen gehalten, gezüchtet und versandt werden. Wie sollen zum Beispiel toxikologische Experimente, bei denen das Tier schließlich auf mehr oder weniger schnelle Art vergiftet wird, ohne Qual und Schmerz ablaufen? Die gesamte tierexperimentelle Toxikologie ist ohne entsetzliches Leiden der betroffenen Tiere überhaupt nicht denkbar. Nicht minder grausam sind Tierversuche im Bereich der Grundlagenforschung. Wer nicht glaubt, dass der Tierversuch äußerste Qualen für das Tier bedeutet, kann Beschreibungen von einigen Tausend aktuellen, in Deutschland durchgeführten Tierversuchen in der Internet-Datenbank nachlesen. Die Beschreibungen sind Zusammenfassungen von Originalarbeiten, die die Experimentatoren selbst in Fachzeitschriften veröffentlicht haben. Auch heute noch stellt der Tierversuch entsetzliches Leiden dar, welches üblicherweise erst mit dem Tod beendet wird. Auch der Pseudo-Tierschutz-Ansatz der Experimentatoren, man könne durch vorsichtigeres Experimentieren den Tieren Leid ersparen, wird daran nichts ändern.


9. Mythos: Nur Fachleute können Notwendigkeit, Vertretbarkeit und Bedeutung von Tierversuchen abschätzen.

Der Mythos, dass Laien mangels Fachkenntnissen über Tierversuche gar nicht mitreden können, hat den Experimentatoren einen jahrzehntelangen Freiraum verschafft. Doch den Fachleuten die Beurteilung der Notwendigkeit und Bedeutung von Tierversuchen zu überlassen, wäre vergleichbar mit einem Gutachten über vegetarische Ernährung durch Metzgerverbände oder mit einem Gutachten über die Bedeutung der Kernenergie durch die Betreiber von Kernkraftwerken. Man kann doch nicht erwarten, dass ausgerechnet diejenigen, welche sich mit dem tierexperimentellen System am meisten identifizieren und von ihm leben, den Tierversuch kritisch hinterfragen. Man braucht überhaupt kein Fachmann zu sein, um diesen Mythos, dass nur Spezialisten die Bedeutung des tierexperimentellen Systems beurteilen könnten, aufzulösen. Außerdem werden Laien-Tierversuchsgegner heute zunehmend von Fachleuten unterstützt. So gibt es nationale und internationale Ärzte-Vereinigungen, die den Tierversuch ablehnen.


10. Mythos: Die Abschaffung der Tierversuche ist nicht möglich.

Dieser Mythos, der von Tierversuchs-Verfechtern immer wieder vorgebracht wird, gehört zu den Grundpfeilern der Erhaltung des tierexperimentellen Systems. Die Behauptung, Tierversuche könnten höchstens auf das »unerlässliche Ma߫ reduziert, aber niemals abgeschafft werden, lähmt uns, führt zu permanenten, sinnlosen Diskussionen über das Ausmaß und die Art der ersetzbaren oder verzichtbaren Tierversuche.
      
Bei der Frage nach der Abschaffung der Tierversuche sollten wir uns an der Überwindung anderer historischer Irrtümer und Fehler orientieren. Genauso wir heute klar ist, dass die systematische Verfolgung der Hexen, die gnadenlose Ausbeutung der Sklaven, die inhumane Apartheit ein Verbrechen darstellen, das nicht durch Reduktion der Zahl der Opfer oder allmähliche Schritte, sondern nur durch prinzipielle Veränderungen - verbunden mit einem generellen Umdenken - beseitigt werden kann, genauso muss der Tierversuch als schädlicher und nicht zu akzeptierender Weg in seiner Gesamtheit abgelehnt werden. In diesem Zusammenhang ist es von höchster Bedeutung, dass sich die Motivation der Gegner des tierexperimentellen Systems geändert hat. Während früher das Tier und seine entsetzliche Behandlung im Mittelpunkt standen, tritt heute zunehmend das Bewusstsein in den Vordergrund, dass der Mensch sich selbst am meisten mit der rücksichtslosen Ausbeutung des Tieres schadet. Genauso wie die Bedingungen der Massentierhaltung primär eine entsetzliche Tortur für die Tiere darstellen, in zweiter Linie aber zu einer enormen Zunahme von ernährungsbedingten Erkrankungen führen, genauso wie die Möglichkeiten der Gentechnologie etwa in der Landwirtschaft primär von einer unglaublichen Kaltblütigkeit gegenüber den manipulierten Tieren zeugen, in zweiter Linie aber eine kaum mehr abschätzbare Bedrohung des ökologischen Gleichgewichts und damit der Existenz des Menschen bedeuten, genauso wie jedes Atomkraftwerk primär ein hohes Risiko für die Umwelt darstellt, in zweiter Linie aber vielleicht in Form eines Supergaus den Startschuss für den Weltuntergang abgibt, wird heute zunehmend verstanden, dass der Tierversuch zwar für die Opfer enormes Leiden bedeutet, aber auf einer anderen Ebene mit all seinen zwangsläufigen Folgen dazu beiträgt, dass sich der Mensch zunehmend selbst zugrunde richtet.
      
Ist die Abschaffung der Tierversuche möglich? Ich glaube es nicht nur, ich weiß es!
      
Entweder es gelingt dem Menschen, sich ein neues Bewusstsein für die vielfältigen Verflechtungen und Vernetzungen innerhalb der Natur anzueignen und wegen der enormen Schäden und Gefahren freiwillig auf Pandorabüchsen wie Tierversuch, Gentechnologie, Kernenergie zu verzichten, oder die Natur schafft den Menschen samt seinen Tierversuchen definitiv und irreversibel ab!
      
Noch hat der Mensch die Wahl, der hemmungslosen Ausbeutung unseres Planeten mit all seinen Lebewesen Einhalt zu gebieten und den Tierversuch in seinem eigensten Interesse abzuschaffen!

© 2002 Vereinigung »Ärzte gegen Tierversuche« e.V. - Alle Rechte vorbehaltem
Link: www.aerzte-gegen-tierversuche.tierrechte.de

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